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Eine saubere Sache

  • Autorenbild: Luci, das Leben und andere Lästigkeiten
    Luci, das Leben und andere Lästigkeiten
  • 30. Mai
  • 2 Min. Lesezeit

Luci, das Leben und andere Lästigkeiten Kolumne Food Style Affairs Magazin

Ich hatte sie alle. Einen nach dem anderen. Zuerst ging es um Genuss, dann um Optimierung, schließlich um mittlere Besessenheit. Ernährung und Nachhaltigkeit schimpften sich die von mir zelebrierten Lifestyle-Trends aka Ersatzreligionen; unterteilt in Kategorien wie Biolebensmittel, Clean Eating, Zero Waste und viele weitere. Ich stand oft ewig im Supermarkt – Biosupermarkt natürlich – und studierte Zutatenlisten und Herkunftsländer der Produkte. Mit der Zeit bin ich nachlässiger geworden. Unter uns: Ich sitze beim Schreiben dieses Textes mit einem Glas Discountersekt und Laptop auf dem Sofa. Was ist geblieben?


Meiner Zero-Waste-Phase geschuldet habe ich in der Jacke immer ein Stofftaschentuch dabei und im Badezimmer bevorzuge ich weiterhin Seifenstücke. Letzteres liegt am Waschbeckenrand auf einem gefalteten Waschlappen statt auf einer Seifenablage. Ist nicht so eine Sauerei wie so manch schicke Bambus- oder Muschelablage. Nach einiger Zeit ist jedoch auch der Waschlappen unansehnlich. Eine glatte Seifenkruste zieht sich darüber.


Desto öfter das Seifenstück verwendet wird, desto dreckiger wird der Waschlappen. Etwas, was ich verwende, um mich zu reinigen, macht Dreck. Hier ist es offensichtlich. In letzter Zeit habe ich auch anderes identifiziert, was eine reinigende, wenn nicht sogar heilende Wirkung haben soll, aber im Übermaß nur noch mehr „Dreck“ produziert. Schon mal Innere Kind Arbeit gemacht? Puuh. Dreck de luxe. Nicht falsch verstehen: Hilft. Kann helfen. In Maßen. Aber, wenn es wie die Seife anfängt Rückstände zu hinterlassen, dann den mentalen Waschlappen gut durchspülen und auswringen.


Mein inneres Kind ist in den letzten drei Jahren ziemlich oft zu Wort gekommen. Bei aller Liebe: Die Kleine nervt langsam. Und im Gegensatz zum Seifenstück braucht sie sich nicht auf. Sie ist immer da und produziert laufend Dreck, wenn man sie lässt. Mich dünkt, eine Art spirituelles Waisenhaus muss sich ihrer annehmen. Ich bin jedenfalls raus bei der Sache. So richtig bewusst geworden ist mir das vor einigen Wochen auf einer Esoterikmesse (Stichwort Ersatzreligionen). Was man alles braucht, um sein Seelen- und Körperheil zu finden! Heilsteinchen hier, Coaching da! Mal eben kurz ein paar verflossene Liebhaber aus dem intimen Energiefeld trommeln?! Hier bitte! Und bevor mir jemand vorwirft psychologische Äpfel mit esoterischen Birnen zu vergleichen: Es gibt verdammt viele Überschneidungen. Beispiele gefällig?!


Traumreisen: erlebt in der von der Krankenkasse bezahlten Gruppentherapie und im selbstbezahlten Schamanenkurs. Und das bereits erwähnte innere Kind habe ich bei einem spirituellen Coaching, bei einem Reikiseminar und in der Therapie mit Liebe und Verständnis überschüttet. Wann ist es genug? Vielleicht, wenn man anfängt sich diese Frage, zu stellen. Wenn das innere Kind einem nicht mehr die Tränen in die Augen treibt, sondern eher wie eine liebgewonnene, aber zu oft angeschaute Serie, daherkommt.


Ab heute weigere ich mich, den mentalen Waschlappen immer wieder in einer Endlosschleife einzusauen, auszuwaschen und auszuwringen. Darauf stoße ich jetzt mit Discountersekt – und ich habe keinen blassen Schimmer woher die konventionell angebauten Trauben dafür herkommen – mit meinem inneren Erwachsenen an. Auf mich selbst! Auf Euch, die Ihr bis hierhin gelesen habt!


Prost!

Luci ist passionierte Kaffeetrinkerin, Reiki Meisterin und legt gerne Obst in Mandala Formen. Vor allem überzeugt sie regelmäßig ihre Instagram Follower mit humorvoll-tiefgründigen Texten über die Lästigkeiten die das Leben so mit sich bringt. Mehr auf ihrem Account @leftover_rainbow


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